von Gustav Wall
(K)ein Land in Sicht? Sind die Piraten bereit als Matrosen im Krähennest der Republik ausharren, ihre Ideen zu leben, sich für die Verwirklichung von Programmpinzipien zu engagieren oder bleiben sie nur ein fragiles Gebilde, das im Spannungsfeld zwischen Transparenz, Datenschutz und Kostendruck im World Wide Web von kräftigen Windbühen des politischen Tagesgeschafts hin und her getrieben wird?
Wie piratig ist es, Dateien auf einem fremden Webspace zu speichern?
Daten auf einem fremden Webspace wie Dropbox, Google-Drive,
Wuala [2] o.ä.
verfügbar zu machen, gehört bei der innerparteilichen Kommunikation der Piratenpartei zum Alltag. Leider. Wo liegt die Grenze? Ab wann stellt die Partei, ab wann die Parteimitglieder als Verfechter der im Parteiprogramm verankerten Ideen und Prinzipien wie Datenschutz, Datensparsamkeit, Schutz der Privatsphäre ihre Glaubwürdigkeit auf's Spiel? Vor allem, wenn für die Weitergabe und die Veröffentlichung von Ideen und Konzepten, aber auch von Protokollen oder Listen mit persönlichen Daten ein fremdes Webspace als Kommunikationsmedium verwendet wird, wo Datenschutzbestimmungen nicht nach deutschem oder EU-Recht geregelt werden[7], [8]? Begründung für das Ausweichen auf ein nicht-EU-Webspace gibt es immer: Mangel an Speicherplatz, Zeitdruck, Bequemlichkeit. Natürlich ist es bequem auf die Online-Laufwerke von Google, Dropbox und Co. mit dem gleichen Komfort wie auf ein lokales Laufwerk zugreifen zu können. Keine Frage! Die Webspace-Anbieter machen sich auch viel Mühe den potentiellen Kunden ein Maximum an Bequemlichkeit zu bieten. So steigern sie durch eine Fülle von Serviceleistungen ihre Attraktivität, damit die Nutzer möglichst lange auf ihrer Webseite verweilen. Wenn jemand glaubt, dass die Anbieter dies uneigennützig bzw. kostenlos machen, dann ist es ein Irrtum.
Verbreiteter Irrtum - ein fremdes Webspace ist kostenlos
Weit verfehlt - Alle, die Daten veröffentlichen oder herunterladen, ob Piraten oder Interessenten, alle hinterlassen digitale Spuren in den Datenbanken des Anbieters und zahlen somit einen Preis für vermeintlich kostenlose Dienste. Wir brauchen uns nichts vorzumachen, aus diesen Spuren werden auch noch Jahre nach dem Ableben des Verursachers aus verschiedenen Gründen mit ausgeklügelten Algorithmen Profile erstellt. Ich darf erinnern: Das deutsche Recht gilt nicht ;-| So entsteht ein persönliches Profil, von dem der Protagonist u.U. nicht die leiseste Ahnung hat. "Big Brother" lässt grüßen. Nur, dass die Strippenzieher für diese Profilshows keine Casting-Agentur bemüht haben. Wozu auch, wenn es auch billiger geht. Ein Paar 100 Terrabyte spottbilliges Webspace tun es auch. Die Piratenpartei hat sich eigentlich die Wahrung der Bürgerrechte im Internet auf die Fahne geschrieben. Aber wenn die Piraten in Deutschland - wo weltweit die strengsten Datenschutzgesetze gelten - aufgrund klammer Kassen auf dieses billige Angebot zurückgreifen, kann sich der "Big Brother"-Strippenzieher à la Google und Co. entspannt zurücklehnen und die Show im Glaskasten amüsiert weiterverfolgen. Dass die Kassen der Strippenzieher dabei auf Kosten der Privatsphäre klingeln, ist die Grundlage des Geschäftsmodells.
Die Abhängigkeit vom Fremdanbieter
Je mehr man sich an die komfortablen, externen Service-Anbieter gewöhnt, desto abhängiger wird man von diesen Anbietern. Kollateralschäden sind inklusive. Zum Beispiel, ist nicht auszuschließen, dass zukünftig die Absolventen in
Langley [6] ggf. in einer turnusmäßigen Weiterbildung ihre Fertigkeiten und Kenntnisse am lebendigen Körper der piratigen Kommunikationsinfrastruktur üben werden. Bei so einer Übung können per Mausklick Störungen und Manipulationen in der Piratenkommunikation herbeigeführt und deren reale Auswirkungen für Übungszwecke ausgewertet werden [7]. Ich bin der Auffassung, dass die Piraten mit der Gewöhnung an den zweifelsohne komfortablen, aber auch verführerischen Fremdservice genauso anfällig sind, wie Eisenspäne, die unter einer externen Spannung ihre Positionen flugartig ändern _müssen_ ohne dass die Eisenspäne etwas dafür kann und auch _nichts_ _dagegen_ _tun_ _kann_!
Was kann ich tun, damit eine bezahlbare und sichere Piratenkommunikation möglich ist?
Virtueller Raum, Webspace, Cloud, die Bezeichnungen für dieses bequeme und effiziente Medium, das für viele im 21. Jahrhundert zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, sind unerheblich. Die Wahrung der Privatsphäre und des Datenschutzes in diesem öffentlichen Raum ist aber nicht selbstverständlich. Virtuelle Räume kosten einerseits Energie in Form von Strom, der dafür sorgt, dass die Server betriebsbereit sind, andererseits aber auch eine Menge Manpower, damit diese Server fehlerfrei funktionieren und eine Leistung in einer brauchbaren Qualität bereitstellen. Dass die Energie ein kostbares Gut ist, haben wir alle spätestens seit der Energiewende und durch die steigenden Strompreisen deutlich zu spüren bekommen. Die tägliche, selbstlose Aufopferung der Technikpiraten bleibt überwiegend unbemerkt. An diese Piraten, die ihr Know-how und Zeit für die Partei opfern, erinnert man sich meistens nur dann, wenn die entsprechenden Dienste gar nicht verfügbar sind oder nicht so funktionieren, wie man es sich wünscht.
Es ist offensichtlich, dass der tägliche Einsatz der Technikpiraten am Limit des Vorstellbaren kein Dauerzustand sein kann. Kannst du persönlich etwas tun, um die Belastung für die IT-Spezialisten, die die piratische Infrastruktur am Laufen halten, zu verringern? Ganz sicher! Zum Beispiel das hier:
Piratenpad als Container für Dokumente im txt, html, doc, pdf, odt oder wiki-Format verwenden
Wenn du die in der Anleitung "
Piratenpad als Container für Dokumente im txt, html, doc, pdf, odt oder wiki-Format " [4] beschriebenen Handgriffe verinnerlichst und in der täglichen Arbeit anwenden wirst, dann sind die Dokumente auf dem sicheren Piratenspace gespeichert ohne die piratige Kommunikationsinfrastruktur zu sehr zu belasten.
Anregungen und Lösungsansätze, wie man mittel- und langfristig eine robuste aber gleichzeitig kostengünstige, wartungsarme Infrastruktur für die interne und externe Kommunikation in der Piratenpartei aufbauen könnte, sind ausdrücklich erwünscht!
Anmerkung: Die im Artikeltext verwendete männliche Form wie "der", "derjenige" usw. wird verwendet, um die Lesbarkeit des Textes zu bewahren. Gemeint sind selbstverständlich auch "die", "diejenige" usw.
Quellen
1.
http://wiki.piratenpartei.de/Briar – Das Briar-Projekt stellt eine sichere News-und Diskussions-Infrastruktur dar, …
2.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wuala – Wuala
3.
https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=280739 – “Problemkind Wiki”. Diskussion rundum Thema “Watungsarmes Piratenwebspace kostengünstig bereitstellen” auf techtalk[at]lists.piratenpartei.de “Technische Kommunikation”. 25.01.2013
4.
http://pir.at/padalscontainer – Piratenpad als Container für Dokumente im txt, html, doc, pdf, odt oder wiki-Format
5.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%A4hennest – Krähennest
6.
http://de.wikipedia.org/wiki/Langley_%28Virginia%29 – Langley
7.
http://www.heise.de/netze/meldung/FBI-wirbt-bei-Internet-Groessen-fuer-Abhoerschnittstellen-1568784.html - FBI wirbt bei Internet-Größen für Abhörschnittstellen. 05.05.2012
8.
http://www.tse.de/papiere/internet%20und%20netze/Allgemeines/Office365.html – Datenschutz, Safe Harbor und das FBI – Probleme für Microsoft Office 365 & Co.
9.
Dropbox-Konkurrent mit viel Speicherplatz (25 GB). Surftipp der Woche – Telekom-Mediencenter, 03.11.2012.
Bildmaterial
1)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Santa-Maria.jpg – Dieses Bild ist lizenziert unter
Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic Lizenz.
2)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Magnet0873.jpg – Dieses Bild ist lizenziert unter
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3.0 Unported,
2.5 Generic,
2.0 Generic and
1.0 Generic Lizenz.